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30. Juli 2024

Wie Kirchengebäude zukünftig verwaltet werden können - Bericht über das sechste Treffen des TRANSARA-Netzwerks Bericht über das Netzwerktreffen

Am 6. Juli 2024 fand das sechste Treffen des TRANSARA-Netzwerks statt.

Beim 6. Treffen des TRANSARA-Netzwerks ging es um die Frage, wie Kirchengebäude zukünftig finanziert und verwaltet werden können.

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Netzwerktreffen-002.jpeg © TRANSARA
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Am 6. Juli 2024 fand im Rahmen der Jahrestagung der Forschungsgruppe das sechste Treffen des TRANSARA Netzwerks in der Kath. Akademie in Schwerte statt. In dem die Tagung abschließenden Netzwerk-Gespräch ging es konkret um aktuelle Planungen und Möglichkeiten zur Errichtung von Förder-Institutionen, die die rasch steigende Zahl aufzugebender Kirchen und kirchlicher Gebäude auffangen könnten. Dazu hatten sich dankenswerterweise der Fuldaer Diözesankonservator Martin Matl, der ehem. Kölner Diözesanbaumeister Martin Struck, der Stadtplaner Jörg Beste aus Köln und der Kulturmanager Bernhard Hoppe aus Bonn bereit erklärt, jeweils einige Impulse zu geben:

Martin Matl: Staatsleistungen der Baulastverpflichtung und Ablöseverträge am Beispiel des Landes Hessen

Martin Struck: Finanzierung von Bau und Unterhalt von Kirchengebäuden im Rheinland vor und nach 1900 - Steuern und Stiftungen

Jörg Beste: Stärkung der Kirchenorte als soziokulturelle Begegnungsräume

Bernhard Hoppe: Stiftungsmodelle und Vernetzungsoptionen

Die anwesende Gruppe diskutierte gemeinsam mit den Referenten über die Unterschiede der Baulastverteilung in den einzelnen Bundesländern, über Modelle und Möglichkeiten von Stiftungen als Träger von Kirchengebäuden sowie über Chancen und Schwierigkeiten, gemeinsam mit Kirche und (Landes-)Regierungen eine Stiftung zu gründen und nicht zuletzt über das besondere Gewicht von Kirchengebäuden als soziale Kohäsionsorte, denen ein großes Potenzial für das zukünftige Profil unserer Städte und unseres ländlichen Raums innewohnt. Anlass, sich diesen Begriffen vertiefend zu widmen, hatte das Anfang Mai 2024 veröffentlichte Manifest „Kirchen sind Gemeingüter!“ gegeben.

Zahlreiche historische Kirchengebäude werden nicht von den jeweiligen Bistümern und Landeskirchen allein finanziert, wie man am Beispiel Kölner Dom gut zeigen kann (Kulturstiftung Kölner Dom). Für den Erhalt und Unterhalt findet schon seit langem ein Zusammenspiel verschiedener Akteure statt. 2011 wurde zur besseren Organisation und Transparenz die Kulturstiftung Kölner Dom gegründet. Wesentliche Säulen der Finanzierung des Unterhalts bilden neben dem Landes- und Kirchenbudget in erster Linie die Einnahmen des Dombauvereins, der neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden vor allem Einnahmen aus dem Tourismus und Zuwendungen aus staatlichen Lotterien (z.B.: Westlotto) verbucht.

Ein komplexes und mitunter in der Baupraxis zu schwierigen Konstellationen führendes juristisches Thema ist bundesweit die Baulastverpflichtung, die an zahlreichen historischen Kirchengebäuden unabhängig von der Eigentümerschaft zum Teil seit Jahrhunderten für verschiedene Verantwortliche – oft Kommunen und Bundesländer - bestehen kann. Herr Matl erläuterte am Beispiel der 2003 getroffenen Vereinbarung zur Ablösung der kommunalen Baulastverpflichtungen gegenüber den katholischen und evangelischen Kirchen des Landes Hessen die Vorteile einer eindeutig zugeordneten Verantwortlichkeit, welche von Herrn Struck aus der praktischen Erfahrung im Erzbistum Köln Bestätigung fand. Die in Hessen in einen Treuhandfond eingezahlten Ablösebeträge der Kommunen und des Landes sind ausschließlich für Erhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden abrufbar.

Herr Struck führte darüber hinaus aus, wie herausfordernd es derzeit ist, mit denselben Akteuren, die in die kirchlichen Baulastverpflichtungen eingebunden sind, eine gemeinsame Stiftung zu gründen, um den langfristigen Schutz und die Bewahrung des kirchlichen Erbes zu sichern. Nordrhein-Westfalen ist dabei mit dem Projekt Zukunft Kirchen Räume sowie der NRW Stiftung bundesweit bereits sehr gut aufgestellt, doch gibt es eine Vielzahl an Bereichen, insbesondere die kirchliche Ausstattung, oder die Besonderheiten der Architektur des 20. Jh. betreffend, die hiervon (noch) nicht ausreichend abgedeckt werden. Hier fehlt es zumeist an Bewusstsein, nicht nur das gestaltete Ergebnis, sondern auch und gerade für das 20. Jh. die Besonderheiten der Baukonstruktion(en) als Kulturelles Erbe anzuerkennen. Erst 2019 richtete die DFG das Forschungs-Schwerpunktprogramm ‚Kulturerbe Konstruktion‘ ein, um mit gezielten Forschungsprojekten die breite Kenntnis und Akzeptanz von Konstruktionsweisen als bauhistorisches Erbe zu fördern. Seit Ende 2023 gehört auch ein spezifisch den Sakralbau der Moderne untersuchendes Förderprojekt zum Portfolie des SPP: Versteckte Stahlkonstruktionen im Sakralbau

Ebenso betroffen bzw. von der meist auf den Gebäudeerhalt abzielenden Förderlandschaft oft unberücksichtigt bleibt bisher die zwingend notwendige Förderung der Nutzung von Kirchengebäuden. Jörg Beste verwies am Beispiel NRW darauf, dass jedes aufgegebene Kirchengebäude eine Lücke im topographischen und damit im sozialen Gefüge eines Ortes entstehen lässt. Gerade größere Städte stellen einen wachsenden Bedarf an Bürgerhäusern fest, der über Neubauten derzeit gar nicht zu decken ist. Das Potenzial von Kirchengebäuden als soziale Kohäsionsorte gilt es daher, stadtplanerisch konsequent zu erfassen und zu entwickeln, wie auch die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Obsolete Stadt“ jüngst aufgezeigt haben.

Um all diesen Konflikten und Bedarfen adäquat begegnen zu können, erscheinen gemeinschaftliche, aber dezentral angesiedelte Förder- und Trägerschaftsmodelle nach wie vor als sinnvollste Möglichkeit. Dazu eignen sich verschiedene Rechtsformen von Stiftungen ebenso wie genossenschaftliche Zusammenschlüsse, wie Herr Hoppe aufzeigte. Zunächst muss dabei klar festgelegt sein, welche Partner für das Projekt vorhanden sind und welche Aufgaben zu bewältigen sind, bevor ein geeignetes Modell festgelegt werden kann. Das heißt, dass auch in Zukunft noch viele Einzelfalllösungen entstehen werden, die aber gemeinsam mit den bereits vorhandenen Lösungsmodellen (z.B. Einzelbau: Stiftung Brennender Dornbusch Duisburg; Kirchenregion: Stiftung Schönau der ev. Landeskirche Badens; bundesweit: Stiftung KiBa) besser vernetzt werden könnten und sollten.

Das nächste Netzwerktreffen wird im Herbst 2024 stattfinden. Thema und Termin werden rechtzeitig bekannt geben.

Dr. Manuela Klauser

klauser@transara.de

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